Bensheim | 14. Oktober 2024 Das Rätsel um die Grotte, exotische Bäume und die Herausforderungen des Klimawandels: Der Rundgang im Bensheimer Baßmannpark erwies sich am Samstag als spannende und erkenntnisreiche Tour durch ein grünes Kleinod, das über viele Jahre in Vergessenheit geraten war.
Dabei besitzt das 80.000 Quadratmeter umfassende Areal nicht nur eine höchst interessante Geschichte, die von Claudia Sosniak, Heimatforscherin und Leiterin des städtischen Archivs, umfassend aufgearbeitet wurde. Das Gelände besitzt auch nach wie vor großes Potenzial als Naherholungsgebiet für die Gegenwart – und die Zukunft. Wie groß das Interesse in der Bevölkerung ist, zeigte der Rundgang mit Claudia Sosniak und dem städtischen Forstwirtschaftsmeister Markus Steinbacher. 60 Teilnehmende machten sich auf den Weg durch die Anlage.
Mit Unterstützung von Revierförster Dirk Ruis-Eckhardt berichtete Steinbacher über die alten Exoten sowie den einstigen und heutigen Baumbestand. Dabei wurde deutlich: Die Herausforderungen durch den Klimawandel machen auch dem Baßmannpark schwer zu schaffen. Alte Bäume und selbst die heimische Buche sterben, weil sie dem Trockenstress nichts entgegensetzen können. So musste im Februar 2024 beispielsweise der Judasbaum, einer der 140 Jahre alten Exoten, aus Gründen der Verkehrssicherheit gefällt werden. Die Berg-Ulme hatte man bereits im Spätsommer 2023 verloren.
Abfinden will man sich damit bei der Stadt allerdings nicht. Die verlorenen Exemplare werden durch klimaresistente Bäume ersetzt, damit der Park auch für künftige Generationen erhalten bleibt. Die Pyramideneiche zählt zu den Arten, die den Anforderungen gewachsen ist. Gleiches gilt für die Weiß-Tanne, die beim Rundgang als „Baum der Zukunft“ von den Fachleuten bezeichnet wurde.
Die Archivleiterin gab zu Beginn des Rundgangs einen Einblick in die Entwicklung seit den 1970er Jahren. 1974 wurde der Baßmannpark der Öffentlichkeit übergeben. 1991 entschied man sich im Rathaus zum Kauf des samt Brücke und Luginsland weitläufigen Areals. Seitdem wird der Park mit jährlichen Mitteln für den Natur- und Landschaftsschutz instandgehalten. Die ab 1971 gepflanzten Fichten entlang der Wiese wurden, so Steinbacher, Anfang der 2000 gefällt. Dadurch konnten Solitärbäume freigestellt werden. Zu ihnen zählt der Mammutbaum, der vor 20 Jahren nur eine Krone hatte und seitdem auch im unteren Bereich wieder wächst. Es wurde jedoch nicht nur Bäume freigestellt durch die Sanierungsarbeiten, sondern auch neu gepflanzt – wie im Jahr 2001 durch den früheren Bürgermeister Georg Stolle. Der Gingko wurde damals vom Kuratorium „Baum des Jahres“ zum „Baum des Jahrtausends“ bestimmt. Botaniker gehen davon aus, dass der Gingko bereits mehr als 300 Millionen Jahre alt ist.
Markus Steinbacher, das wurde bei der kleinen Rundreise am Samstag deutlich, liegt der Park sehr am Herzen. Er kennt ihn seit Kindertagen. Schon zu Beginn seiner Arbeit für die Stadt Bensheim hatte der Forstwirtschaftsmeister auf das Potenzial des grünen Schatzes direkt vor den Toren der Innenstadt hingewiesen. Seitdem versucht er die Anlage mit Unterstützung des Revierförsters zu erhalten. Aus dem städtischen Haushalt fließen jährlich Mittel für den Natur- und Landschaftsschutz in die Instandsetzung. Außerdem wurde durch das Aufstellen von zwei Wellenbänken die Aufenthaltsqualität erhöht.
Nach wie vor Rätsel gibt die Grotte im Park auf. Die Quellenlage ist überschaubar, was in der Praxis so viel bedeutet wie: Es gibt keine Informationen. Früher stand dort wohl eine große, weiße Madonnenfigur aus Holz, die heute in einer privaten Gartenanlage in Österreich vermutet wird – in einer bauähnlichen Grotte. Bereits beim gut besuchten Vortrag von Claudia Sosniak zur Historie des Baßmannparks vor mehr als zwei Wochen in der Alten Feuerwache wurde dies von Ferdinand Woißyk angesprochen. Er will nun genauer recherchieren und mit den Nachkommen des Käufers in Kontakt treten. „Der Zustand der Grotte ist besorgniserregend. Der Frost hat immens Schäden angerichtet“, berichtet Steinbacher. Bei den Teilnehmenden des Rundgangs kam spontan die Idee auf, zumindest eine neue Figur in die Grotte zu stellen. Eine Initiative, die von Claudia Sosniak lobens- und unterstützenswert fand.
Auch die zugewachsene Brücke am Eingang des Parks, von Heinrich Metzendorf entworfen, sprachen die Freunde des Baßmannparks am Samstag an. Das unter Denkmalschutz stehende Kulturdenkmal ist mit Efeu überwuchert, was zu Schäden am Mauerwerk führen kann. Die Brücke wurde zuletzt Anfang der 2000er Jahre aufwendig saniert. Aus der Gruppe heraus wurde nach Ideen gesucht, die kostengünstig umzusetzen sind, um den Erhalt des beeindruckenden Bauwerks zu sichern.
Zweieinhalb Stunden dauerte dieser außergewöhnliche Spaziergang durch ein Bensheimer Juwel, verbunden mit einem regen Austausch. Manche waren überrascht, dass sich ein solch schönes, verstecktes Kleinod in unmittelbarer Nähe zur Stadt befindet.
Wer ganz genau wissen möchte, woher der Baßmannpark mit dem Turm Luginsland, bei einigen Bensheimern auch als Blaues Türmchen oder Ecktürmchen bekannt, seinen Namen hat, kann dies bald ausführlich nachlesen. Ende November erscheint das neue Band der Geschichtsblätter des Kreises Bergstraße. Darin schildert Claudia Sosniak unter anderem ausführlich, was es mit dem um 1640 geborenen Christoffel Nicolas Baßmann, der 1666 eine reiche Bensheimer Witwe heiratete, auf sich hat. Oder wie der aus seiner Heimat geflohene schottische Adlige Thomas Abercrumbie Scott-Duff in die Geschichte passt. Eine spannende Lektüre, die erstmals am 22. November im Magistratssaal als Bestandteil der Geschichtsblätter vorgestellt wird.
Der Rundgang am Samstag zeigte jedenfalls einmal mehr, dass der Baßmannpark Anziehungskraft besitzt und seine Geschichte längst nicht auserzählt ist – ganz im Gegenteil. Die kleine grüne Lunge mit ihrem wundervollen Baumbestand und ihren Baudenkmälern ist ein Kleinod, das sich zu hegen und zu pflegen lohnt.