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Preisverleihung: Gertrud-Eysoldt-Ring & Kurt-Hübner-Regiepreis

5 Minuten Lesedauer

Eysoldt-Ring in einer Ringschatulle mit Büste einer Frau im Hintergrund

Der Gertrud-Eysoldt-Ring gilt als einer der bedeutendsten Theaterpreise im deutschsprachigen Raum und wird seit 1986 jährlich in Bensheim vergeben. Mit der Vergabe des „Gertrud-Eysoldt-Ringes“, einem mit 10.000 Euro dotierten Ehrenring, würdigen die Stadt Bensheim und die Deutsche Akademie der Darstellenden Künste eine schauspielerische Leistung an einer deutschsprachigen Bühne. Erste Preisträgerin war Doris Schade, ihr folgten große Schauspielerinnen und Schauspieler, wie Klaus Maria Brandauer, Cornelia Froboess, Corinna Harfouch, Nina Hoss, Ulrich Mühe, Ulrich Matthes und Tobias Moretti. Der „Gertrud-Eysoldt-Ring“ geht auf ein Vermächtnis des Journalisten und Theaterkritikers Wilhelm Ringelband zurück, der bis zu seinem Tod in Bensheim lebte und in seinem Testament einen Schauspielerpreis mit dem Namen von Gertrud Eysoldt verfügte.

Weitere Informationen auf der Website Stadtkultur Bensheim.

Gertrud-Eysoldt-Ring 2023 geht an Jörg Pohl

Szenenfoto mit Jörg Pohl in der Rolle des Molière
Foto: Jörg Pohl erhält für seine Doppelrolle in „Molière – der eingebildete Tote“ den Gertrud-Eysoldt-Ring 2023. Fotonachweis: Lucia Hunziker

2023 wird Jörg Pohl mit dem Gertrud-Eysoldt-Ring ausgezeichnet: Der Schauspieler am Theater Basel und Mitglied des dortigen vierköpfigen Leitungsteams der Sparte Schauspiel erhält den renommierten Theaterpreis für seine Doppelrolle in „Molière – der eingebildete Tote“ von Nona Fernández, ein Werk nach Molière in der Inszenierung von Antú Romero Nunes.

Wilke Weermann erhält Kurt-Hübner-Regiepreis

Der Kurt-Hübner-Regiepreis geht in diesem Jahr an Wilke Weermann für „Unheim“, ein Stück, das er im Auftrag des Schauspiel Frankfurt schrieb und dort in der Saison 2022/23 inszenierte. Das gaben die Stadt Bensheim und die Deutsche Akademie der Darstellenden Künste am 4. Dezember 2023 bekannt.

Begründung der Jury

Die Jury, bestehend aus Karin Henkel, André Jung und Jossi Wieler (Vorsitz), würdigt mit dem diesjährigen Gertrud-Eysoldt-Ring einen Schauspieler, der „wie seinerzeit Molière, nicht nur Schauspieler ist, sondern auch das Theater mitleitet“: Jörg Pohl verkörpert die Rolle von Molière selber, der wiederum die Figur Argan in dessen eigenem Stück „Der eingebildete Kranke“ spielt.

In der Jury-Begründung heißt es: „Jörg Pohl spielt dieses unbedingte Spiel im Spiel mit einer Theaterbesessenheit, die alle Grenzen sprengt, die ästhetischen, wie auch die moralischen; er verausgabt sich lustvoll und mit vollem Körpereinsatz bis zur Erschöpfung, furios, grell und schamlos, umgeben von einem mindestens so spiellustigen Ensemble, das, angesteckt und beschenkt von diesem dionysischen Theatermacher, ebensolche überbordende Energien versprüht.“

Weiter heben die JurorInnen hervor: „Bei allem barocken Wirbel, bei aller scheinbaren Übertretung bürgerlichen Geschmacks, erzählt diese klamaukig kluge Interpretation auch nicht wenig über Fragilität und Vergänglichkeit des Theaters und wird so auch zu einer berührenden Selbstreflexion über den Beruf des Schauspielers. Jörg Pohl, der nicht nur hoch virtuos und gleichsam rotzfrech spielt, spiegelt in der Figur Molière auch seine Mitverantwortung als Theaterleiter, der ein Bewusstsein davon hat, dass seine Kunst nur im Verbund mit dem Ensemble strahlen kann. Dieses Ethos ist spürbar in allen Rollen, die Jörg Pohl am Theater spielt – mutig, leidenschaftlich und immer existenziell“.

Der mit 5.000 Euro dotierte Kurt-Hübner-Regiepreis, der seit 1991 ebenfalls von der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste in Bensheim verliehen wird, geht an den jungen Regisseur und Autor Wilke Weermann. Ausgezeichnet wird er für die Inszenierung seines Stücks „Unheim“, das er als Auftragswerk für das Schauspiel Frankfurt geschrieben hat. „Unheim“ erzählt „witzig und klug eine virtuelle Spukgeschichte in fiktionaler, aber naher Zukunft“. Jurorin Rita Thiele, ehemals Chefdramaturgin und stellvertretende Intendantin am Deutschen Schauspielhaus Hamburg, wählte den Preisträger aus und schreibt: „Wilke Weermann gelingt mit seiner urkomischen Dystopie ein durchaus gegenwärtiges Stück über Gefahren der Digitalisierung. Seine Inszenierung zeigt darüber hinaus, wie überaus virtuos er mit den Mitteln des analogen Mediums Theater umzugehen weiß. Wobei diese niemals das großartige Spielerensemble in den Hintergrund drängen, mit dem Wilke Weermann offensichtlich mit viel Spiellust am Detail gearbeitet hat.“

Jörg Pohl

Jörg Pohl wird 1979 im Ruhrgebiet geboren. Er lebt dort zunächst 23 Jahre unbehelligt vom Einfluss des Theaters in verschiedenen abgehalfterten Industriestädten. Nach sehr mittelmässigem Abitur und Zivildienst ein Jahr erfolgreich arbeitslos. Durch ein Missverständnis («Am Theater gibt’s viel Geld für wenig Arbeit») verschlägt es ihn an die Schauspielschule Bochum. Das Missverständnis wird am Schauspielhaus Bochum geklärt: Tatsächlich ist es mit dem Geld und der Arbeit genau andersrum. Trotz dieser ernüchternden Einsicht folgt er dem Ruf von Matthias Hartmann an das Schauspielhaus Zürich. Er spielt dort unter anderem Fürst Myschkin aus ‹Der Idiot› oder Alex aus ‹Clockwork Orange›. 2008 erhält er im Rahmen des Max Ophüls Festivals die Auszeichnung als bester Nachwuchsschauspieler. Ab 2009 Ensemblemitglied des Thalia Theaters. Er lernt dort neben vielen anderen Regisseur:innen auch Antú Nunes kennen, mit dem ihn im Rahmen vieler gemeinsamer Arbeiten eine wechselhafte und belastbare Freundschaft verbinden wird. «Du machst, was du willst, aber ich sehe, was ich will. Darum klappt das mit uns», referiert Nunes einmal das Betriebsgeheimnis ihrer Partnerschaft. In elf Jahren in Hamburg engagiert sich Pohl nicht nur in vielen Rollen (Danton, Hamlet, Richard III, Liliom, usw.), sondern auch in Debatten um die Abschaffung der autoritären und veralteten Führungsstrukturen am Theater. Er glaubt, dass man auch ohne Angst und Unterdrückung Kunst machen kann. Vielleicht sogar gute. 

Quelle: Theater Basel

Wilke Weermann

Der Autor und Regisseur Wilke Weermann wurde 1992 in Emden geboren. Von 2014-2018 studierte er Regie an der ADK in Ludwigsburg. Sein Drama »Abraum« erhielt den Münchner Förderpreis für deutschsprachige Dramatik 2016. 2018 wurde seine Inszenierung »Fahrenheit 451« zum Festival »Radikal jung« am Münchner Volkstheater eingeladen. Sein Theaterstück »Angstbeißer« wurde 2019 mit dem Hans-Gratzer-Stipendium ausgezeichnet. Für den Hauptpreis des Heidelberger Stückemarkts 2021 wurde sein Drama »Hypnos« nominiert.

Quelle: Schauspiel Frankfurt

Rückblick: Die Verleihung des Gertrud-Eysoldt-Rings & Kurt-Hübner-Regiepreises 2023

an Schauspieler Jörg Pohl sowie Regisseur Wilke Weermann

Die große Theaterbühne zu Gast in Bensheim: Am Abend des 23. März 2024 wurde der Gertrud-Eysoldt-Ring 2023 an Schauspieler Jörg Pohl verliehen. Wilke Weermann erhielt den Kurt-Hübner-Regiepreis … Many Congrats!

Bildnachweise: Gregor Ott / GVO MEDIA

Pressemitteilung „Jörg Pohl in Bensheim mit dem Gertrud-Eysoldt-Ring ausgezeichnet“ vom 23. März 2024 zum Nachlesen