Bensheim | 12. September 2024 Es ist das größte dezentrale Mahnmal der Welt: Die vom Kölner Künstler Gunter Demnig initiierten Stolpersteine erinnern mit ihren Inschriften an die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft – in über 1.800 Orten in Deutschland und in 30 Ländern Europas sind bereits mehr als 100.000 Gedenksteine verlegt worden.
Etwa 80 Steine wurden in den vergangenen Jahren in Bensheim verlegt. Heute kamen neun weitere dazu. Sie sind der Familie Jaboby-Schwabacher gewidmet, unter anderem dem einstigen Besitzer des heutigen Kaufhauses Ganz, Zacharias Jacoby, dessen Witwe Sophy Jacoby und Else Schwabacher. Besonders bewegend: Bei der Verlegung der Steine war Howard Wolff, Zeitzeuge und Sohn von Else Schwabacher, anwesend.
Bürgermeisterin Christine Klein dankte als Schirmherrin allen Beteiligten und insbesondere den Schülerinnen und Schülern der Geschwister-Scholl-Schule. „Denn Euer Engagement ist wichtig und zeigt, dass die Erinnerung an die NS-Vergangenheit und deren Opfer an die nachfolgenden Generationen weitergetragen wird“, so Klein.
Das Schicksal der Familie hat die Geschichtswerkstatt Geschwister Scholl aufgearbeitet. Dem ging ein Auftrag aus dem Jahr 2019 voraus: Damals traten die heutigen Inhaberinnen, Tatjana Steinbrenner und Katjuscha Maschik an die Leiter der Geschichtswerkstatt, Peter Ströbel und Frank Maus heran – mit dem Anliegen, die Firmengeschichte mit Schwerpunkt auf das Jahr 1936 wissenschaftlich fundiert aufzuarbeiten. Es ist das Jahr, in dem Ernst Ganz und Karl Birkenmeier das bereits bestehende Kaufhaus Zacharias Jacoby von dessen Witwe Sophie und von Else Schwabacher abkauften.
Bensheimer Schülerinnen und Schüler der gymnasialen Oberstufe der Geschwister-Scholl-Schule recherchierten, forschten und arbeiteten die Hintergründe zum Bensheimer Traditionskaufhaus Ganz detailliert auf. Die Ergebnisse sind in einem Buch festgehalten, das nun zum 125-jährigen Bestehen des Kaufhauses vorliegt und am Freitag, 13. September der Öffentlichkeit vorgestellt wird. Es legt die jüdische Vorgeschichte des Kaufhauses offen und beleuchtet seine weitere historische Entwicklung.
Durch die Aufarbeitung der Fluchtgeschichten der Familien Jacoby und Schwabacher, zu deren Nachfahren die Geschichtswerkstatt Kontakt aufgenommen hat, entstand die Idee, den ehemaligen Bewohnern der Hauptstraße 56 einen bleibenden Erinnerungsort zu schaffen. In dem Gebäude hatte sich bis 1935 die Familie der jüdischen Besitzerinnen gesammelt, um ihre Flucht vor den Nazis in die Wege zu leiten. Gemeinsam mit der Geschichtswerkstatt kam daraufhin unter der Schirmherrschaft der Stadt die Idee auf, den Familien Jacoby und Schwabacher mit der Verlegung der Stolpersteine vor dem Kaufhaus Ganz auf würdige Weise ein Denkmal zu setzen.