Häusliche Gewalt ist keine Privatsache

Pressemitteilungen Pressemitteilungen Kategorie Archiv öffnen 3 Minuten Lesedauer

Viele Menschen machen mit der Brötchentütenaktion auf das Thema häusliche Gewalt aufmersam.

Bensheim | 8. November 2024 Der Blick in die Statistik ist erschreckend und sagt dennoch naturgemäß nichts darüber aus, welchem Leid, welchem psychischen und physischen Terror die Opfer von häuslicher Gewalt ausgesetzt sind. Und wie groß die Ängste und die Verzweiflung sein müssen, bis es gelingt, Hilfe zu finden.

Der aktuelle Lagebericht des Bundesinnenministeriums spricht von mehr als 256.000 Betroffenen im vergangenen Jahr, hauptsächlich Frauen. Die Dunkelziffer dürfte noch viel höher liegen.  Nach Angaben des Bundeskriminalamtes wird in Deutschland alle zwei Minuten ein Mensch Opfer häuslicher Gewalt. Beinahe jeden Tag versucht ein Partner oder Ex-Partner, eine Frau zu töten.

In Bensheim und im Kreis Bergstraße hat sich schon vor Jahren ein stabiles Netzwerk gebildet, um Frauen in Notsituationen zu helfen. Ein Beispiel: Die Aktion „Gewalt kommt mir nicht in die Tüte“, mit der der Arbeitskreis gegen häusliche Gewalt gemeinsam mit dem Frauenhaus Bergstraße und den kommunalen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten im Kreis rund um den Internationen Tag gegen Gewalt an Frauen am 25. November ein starkes Zeichen setzt – und auf das Thema geschlechtsspezifischer Gewalt aufmerksam macht.

Kundinnen und Kunden erhalten in Bäckereien ihre Backwaren in Tüten mit der unmissverständlichen Botschaft, auf denen die zentralen Hilfsorganisationen und Beratungsstellen mit deren Kontaktdaten in zehn verschiedenen Sprachen abgedruckt sind. Jede Tüte, die dabei über die Ladentheke geht, bringt das Thema häusliche Gewalt auf den Tisch und macht niedrigschwellig auf das Hilfsangebot aufmerksam.

Doch nicht nur in den Bäckereien werden die Tüten mit dem Slogan „Gewalt kommt mir nicht in die Tüte! Nein zu Gewalt an Mädchen und Frauen“ verteilt. Zum dritten Mal beteiligen sich auch die Tafeln im Kreis, darunter die Lebensmittelausgabe in Bensheim, an der Aktion. Der Soroptimist International Club Bensheim/Heppenheim regte vor zwei Jahren an, auch die Tafeln einzubinden.

Bei einem Treffen im Gebäude der Tafel tauschten sich die Akteurinnen nicht nur aus. Die Präsidentin des SI-Clubs Dr. Susanne Krömker und Past-Präsidentin Dr. Irene Schmidt überreichten der Tafel-Vorsitzenden Mariette Rettig außerdem eine Spende über 1000 Euro. Zurzeit versorgt die Tafel mit ihren 245 Mitarbeitenden 1400 Haushalte und etwa 4500 Personen sowie 1970 Kinder. Tendenz steigend. Jede Woche kommen 15 bis 25 Neuanmeldungen hinzu. Ein Aufnahmestopp gibt es im Gegensatz zu anderen Tafeln bundesweit nicht.

Mariette Rettig bedankte sich für die Spende. Sie verdeutlichte darüber hinaus, wie wichtig die Brötchentüten-Aktion ist. Marion Vatter, die externe Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Bensheim, würdigte die hervorragende Netzwerkarbeit in Bensheim und in der Region. „Wir können alle stolz auf den Weg sein, den wir bisher gemeinsam gegangen sind.“ Martina Evertz, Vorsitzende des Vereins Frauenhaus Bergstraße, betonte die Bedeutung der Zusammenarbeit mit der Tafel. So können mehr Menschen erreicht werden, denn von häuslicher Gewalt sind alle gesellschaftlichen Schichten betroffen.

Der Soroptimist International Club wird in diesem Jahr auch in Bensheim auf seine Präventions-Kampagne „Keine Gewalt gegen Frauen“ aufmerksam machen. Das im vergangenen Jahr entworfene Plakatmotiv einer Grafikerin, die zugleich im SI-Club aktiv ist, wird unter anderem eine Woche lang auf dem großen Bildschirm am Bürgerhaus zu sehen sein. Mit dieser und allen weiteren Aktionen wollen die engagierten Netzwerkerinnen gemeinsam ein sichtbares Zeichen im Stadtbild setzen und die Menschen auffordern, genau hinzuschauen.

„Wir wollen den Betroffenen Mut machen, die bestehenden Beratungsangebote zu nutzen und sich Hilfe zu suchen. Denn häusliche Gewalt ist keine Privatsache, sondern geht uns alle an“, erklärten die Akteurinnen.

Am Internationalen Gedenktag, dem 25. November, wird wieder um 11 Uhr die Fahne „Orange the World“ zusammen mit der Fahne des Hilfetelefons Gewalt in Bensheim am Rathaus gehisst. Die UN-Kampagne „Orange the World“ macht seit 1991 auf Gewalt gegen Frauen und Mädchen aufmerksam: In diesem Jahr steht das Thema #AlleZweiTage im Fokus. Denn alle zwei Tage tötet ein Mann seine (Ex)Partnerin.

Am 25. November wird zudem um 19 Uhr der Film „Mustang“ im Luxor-Filmpalast in Bensheim gezeigt. „Mustang“ ist ein vielfach ausgezeichnetes Filmdrama der türkischen Regisseurin Deniz Gamze Ergüven aus dem Jahr 2015, das in türkisch-französisch-deutscher Koproduktion entstand. Der Eintritt zur Filmvorführung ist frei, Spenden sind erwünscht.

Bereits am Freitag, 15. November, spielt die Frauenband Mafalda zugunsten des Frauenhauses im Theater Mobile in Zwingenberg. Beginn ist um 20 Uhr. Tickets gibt es im Vorverkauf über das Theater Mobile.

Am Freitag, 22. November, gibt es unter dem Titel „Rocking for Respect“ außerdem eine Tanzaktion gegen Gewalt an Frauen im „The Old Carriage“ in Lindenfels. Los geht es in der „Kutsch“ um 21 Uhr. Die Veranstaltung wird gemeinsam vom Arbeitskreis gegen häusliche Gewalt Kreis Bergstraße, dem Frauenhaus, den Frauen- und Gleichstellungsbeauftragen im Kreis Bergstraße und dem Antidiskriminierungsnetzwerk Südhessen organisiert.

Weitere Infos beim Frauenbüro der Stadt Bensheim unter Telefon 06251 856003 oder E-Mail an frauenbuero@bensheim.de.