Bensheim | 21. Mai 2024 Vor 34 Jahren strich die Weltgesundheitsorganisation Homosexualität als Krankheit aus ihrem Diagnoseschlüssel. Der 17. Mai 1990 gilt seitdem als weltweit wichtigster queerer Aktionstag. Am Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit (IDAHOBIT) wurde auch vor dem Bensheimer Rathaus die Regenbogenfahne gehisst.
„Bensheim zeigt Flagge und steht für eine vielfältige, bunte Gesellschaft, in der alle Menschen so leben und lieben dürfen, wie sie möchten“, erklärte die Frauenbeauftragte Marion Vatter. Seit 1990 hat sich für queere Menschen zumindest in Deutschland einiges geändert. Diskriminierung, Hass, Gewalt und Anfeindungen sind sie allerdings nach wie vor ausgesetzt. „Wir lehnen jede Art von Ausgrenzung und Gewalt ausdrücklich ab und verurteilen Gewalttaten gegen Transpersonen und nicht heterosexuelle Menschen auf das Schärfste“, betonte Marion Vatter.
Das Recht jedes Menschen, ohne Diskriminierung selbstbestimmt zu leben, wird für queere Menschen täglich infrage gestellt, kritisierte die Frauenbeauftragte. Die Rechte für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans*, Inter*, nicht-binäre und queere Menschen sind Menschenrechte und nicht verhandelbar.
Stichwort Rechte: Der Bundesrat hat am Freitag das Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag gebilligt. Es soll künftig trans- und intergeschlechtlichen und nichtbinären Personen erleichtert werden, ihren Geschlechtseintrag beim Standesamt ändern zu lassen. Die Änderung kann künftig durch eine Erklärung vorgenommen werden. Mit dem Selbstbestimmungsgesetz wird das nicht mehr zeitgemäße Transsexuellengesetz abgelöst.
Als Symbol für die LSBTIQ-Bewegung verbinden viele Menschen mit der Regenbogenfahne die Hoffnung auf eine bunte, vielfältige Welt ohne Hass und Diskriminierung gegen Minderheiten in Bezug auf Geschlecht und sexuelle Orientierung. Wie schwer es dabei manchmal sein mag, die Hoffnung nicht zu verlieren, lässt sich mitunter kaum erahnen.
Paula Hille, zuständig für die inhaltliche Ausrichtung des queeren Jugendtreffs in Bensheim, verdeutlichte, wie wichtig solche Aktionstage sind. „Die queere Repräsentation in den Medien hat seit Jahren abgenommen. Und die Queerfeindlichkeit von rechter Seite und anderen populistischen Seiten nimmt immer mehr zu.“ Deshalb sei es umso wichtiger, Zeichen zu setzen und Orte zu schaffen, an denen queere Jugendliche sie selbst sein können, sich zusammenfinden können – „um Resilienzen aufzubauen gegen diese Queerfeindlichkeit, die ihnen entgegengebracht wird“, so Paula Hille.
Der Jugendtreff gründet sich vor einem Jahr. Unterstützung kam dabei durch Marion Vatter, die Räume im Frauenbüro zur Verfügung stellte. Paula Hille und Markus van den Boom, Leiter der Bensheimer Jugendförderung, bieten Jugendlichen seitdem einen geschützten Raum, der sich seitdem zunehmender Beliebtheit erfreut. Das zeigte sich auch bei der Fahnenhissung, an der mehrere junge Menschen teilnahmen. „Wir haben mit dem Jugendtreff einen Ort, an dem wir nicht verurteilt werden. Queersein ist hier unser verbindender Faktor, aber wir können auch über andere Themen reden“, stellten die Teilnehmenden die Bedeutung der Anlaufstelle heraus. Der Treff trage zur Selbstfindung bei, man müsse sich nicht verstellen. „Es ist komplett belanglos, wer man ist und wen man liebt.“ Es sei daher wichtig, den queeren Jugendtreff noch bekannter zu machen – nicht nur für Jugendliche aus Bensheim, sondern aus der ganzen Umgebung, die in ihren Heimatorten solche Möglichkeiten, sich auszutauschen und zusammenzufinden, nicht haben.
Der vor zwei Jahren für Erwachsene initiierte Treffpunkt Queer als weiteres Angebot unterstreicht, wie aktiv die Community in der Region ist. Anna, die den Treff regelmäßig besucht, bot den Jugendlichen Unterstützung an. „Es ist ganz wichtig, nicht nur in Frankfurt, Mannheim oder Heidelberg etwas zu haben, wo man hingehen kann.“ Bensheim steht für Toleranz, Diversität, für eine offene und bunte Gesellschaft – und ist Teil eines großen Netzwerks.
Am Aktionstag werden weltweit Fahnen gehisst, demonstrieren Menschen gegen Diskriminierung und für Akzeptanz. Marion Vatter freute sich über die gute Beteiligung an der Fahnenhissung und appellierte abschließend an die Gesellschaft, toleranter und offener zu werden.
Der Treffpunkt Queer trifft sich jeden dritten Mittwoch im Monat in den Räumen des Frauenbüros der Stadt Bensheim (Hauptstraße 53, 2. OG). Infos sind über das Frauenbüro der Stadt Bensheim telefonisch unter 06251/856003 oder per E-Mail an frauenbuero@bensheim.de erhältlich.
Die Gruppe ist ein gemeinsames Projekt des Frauenbüros Bensheim und Adinet Südhessen. Träger von Adinet Südhessen ist der Verein Fabian Salars Erbe.
Das Projekt „Treffpunkt Queer“ kommt einer wichtigen Forderung des Integrations- und Vielfaltskonzeptes der Stadt Bensheim nach.
Der offene Treff für queere junge Menschen wird jeden ersten und dritten Freitag im Monat von 14 bis18 Uhr im Jugendzentrum, Rodensteinstraße 19, angeboten. Wer vorbeikommen möchte, kann gerne den Hintereingang neben der Sparda-Bank benutzen. Kontakt: Instagram-Account Queere Jugend Bensheim oder Telefon 06251/14-302.