Bensheim | 16. Februar 2024 Das Gedächtnis der Stadt hat seine Lücken geschlossen: Seit ein paar Tagen lagern alle Archivalien des städtischen Archivs wieder in der Alten Post. Zuletzt wurden 61 Paletten, die übergangsweise im Telekom-Gebäude an der Fehlheimer Straße untergekommen waren, „nach Hause geholt“, erklärte Teamleiterin Claudia Sosniak erfreut.
Doch warum musste das Material überhaupt ausgelagert werden? Dafür bedarf es eines Rückblicks ins Jahr 2018. Im Februar entdeckten die Mitarbeiter Schimmel an etlichen Archivalien, die bis dahin im Keller gelagert waren. Was nicht befallen war, konnte im Erdgeschoss untergebracht werden. Der kontaminierte Bestand, immerhin 30 Prozent des Archivguts, ging im September 2018 an das Zentrum für Bucherhaltung in Leipzig.
Die Rettungsmission nahm ein gutes Ende, nichts ging verloren. In Leipzig wurden die Bensheimer Unterlagen vakuumgetrocknet, trockengereinigt, verpackt und beschriftet. Im Winter 2019 traten die 61 Paletten die Rückreise an. Im zweiten Untergeschoss des Telekom-Gebäudes wurden sie seitdem auf einer Fläche von 130 Quadratmetern zwischengelagert, weil es in der Alten Post an passenden Räumen fehlte – bis heute.
Die nicht kontaminierten anderen 30 Prozent lagerten seit Mai 2018 in etwa 550 Umzugskartons im Erdgeschoss der Alten Post. Mit dem Eigentümer, der Dahlhoff GmbH & Co., vereinbarte die Stadt den Umbau der Räume, um diese als Magazin nutzen zu können. So muss unter anderem die Decke ertüchtigt werden, um die Last der Rollregalanlage tragen zu können. Dafür musste das Zwischenlager aber freigeräumt werden. In der Rodensteinstraße 19 wurden am Bahnhof Flächen angemietet. Knapp zwei Jahre lagerte das Material dort.
Seit dem 1. Januar hat die Stadt die Räumlichkeiten eines ehemaligen Yoga-Studios in der denkmalgeschützten Immobilie an der Darmstädter Straße angemietet. Dadurch konnten die zwei Zwischenlager an der Fehlheimer Straße sowie Rodensteinstraße aufgelöst werden und im Januar zogen die Archivalien zurück in die Alte Post. Die neuen Räume am Archiv-Standort liegen direkt neben dem zukünftigen Magazin im Erdgeschoss. Insgesamt stehen 263 Quadratmeter zur Verfügung, die es dem Archiv künftig und schrittweise ermöglichen, die in Umzugskartons und auf Paletten verstauten Archivalien wieder zusammenzuführen.
Der Umbau des ehemaligen Zwischenlagers und künftigen Magazins soll nun demnächst beginnen. Dem Vermieter liegt bereits eine mündliche Rückmeldung des Kreisbauamts vor. „Wir sind froh, dass es bald losgeht und wir mit den nun zusätzlichen Räumen genügend Lagerkapazität für alles haben“, betonte Archivleiterin Claudia Sosniak. Sie bittet allerdings um Verständnis, dass auf die dort gelagerten Bestände noch kein Zugriff für Anfragen oder Nutzer besteht.
Wichtig ist jedoch ohnehin zunächst einmal, dass alle Archivalien nach den erzwungenen Umzügen wieder dort angekommen sind, wo sie hingehören: unter das Dach des städtischen Archivs und in die Hände des engagierten Teams um Claudia Sosniak. Das Gedächtnis der Stadt muss schließlich gehegt und gepflegt werden.
Die Gesamtkosten für die Rettungsmission lagen bei 108.425 Euro. Der städtische Anteil belief sich auf 40.925 Euro – dank einer Förderung aus dem Sonderprogramm zur Erhaltung des national wertvollen schriftlichen Kulturguts.
„Das zeigt die historische und wissenschaftliche Bedeutung unseres Archivguts“, erläuterte Claudia Sosniak. Sie ist nicht nur für die finanzielle Unterstützung dankbar, sondern auch froh, dass alle Archivalien gerettet werden konnten. „Es ist das Gedächtnis unserer Stadt, das es unbedingt zu schützen und zu erhalten gilt“, so die Archivleiterin.